Einfacher Rückzug von der Börse

Entscheidung des Bundesgerichtshofs

  • Deutsche Unternehmen können sich künftig einfacher von der Börse zurückziehen. Der Bundesgerichtshof (BGH) kippte überraschend seine seit mehr als zehn Jahren geltende Rechtsprechung. Danach stand Kleinaktionären beim Abschied eines Unternehmens von der Börse eine Abfindung zu. Die Börsennotiz sei für den Aktionär kein Wert an sich und beeinträchtige vor allem sein Eigentumsrecht nicht, beschloss der Zweite Zivilsenat in Karlsruhe (Az.: II ZB 26/12). Dass ein Unternehmen an der Börse notiert ist, sei für den Aktionär „eine schlichte Ertrags- und Handelschance“, die aber nicht rechtlich geschützt sei. Den Aktionären muss beim Rückzug von der Börse kein Barabfindungsangebot für ihre Aktien gemacht werden.

    Es sei nicht erwiesen, dass der Wert einer Aktie mit der Ankündigung des Börsenrückzugs sofort in den Keller gehe, argumentierten die Richter am BGH. Und nach den Regeln der meisten deutschen Börsen haben Aktionäre drei bis sechs Monate Zeit, ihre Papiere auf dem Markt zu verkaufen, ohne dass ihnen große Einbußen drohten. Mit dem Urteil ergibt sich auch für das Hauptversammlungsprocedere eine Änderung: Bislang musste die Hauptversammlung mit einer qualifizierten Mehrheit einem Delisting zustimmen und das Unternehmen ein Abfindungsangebot stellen. In einem sogenannten Spruchverfahren hätten die Parteien dann die Höhe der Abfindung verhandelt. Nach dem BGH-Spruch kann sich ein Unternehmen fortan von der Börse zurückziehen, ohne dass die Hauptversammlung mehrheitlich zustimmen muss.

    Das Drohpotenzial von Kleinaktionären werde mit dem Spruch des BGH weitgehend ausgehebelt, so die Experten. Das Geschäftsmodell der Berufskläger habe einen deutlichen Dämpfer erlitten. Diese Aktionäre würden sich in der Regel kurz vor einem erwarteten Börsenrückzug mit Aktien eindecken, so den zwangsweisen Ausschluss (Squeeze-out) blockieren und die Kurse nach oben treiben. Damit spekulierten sie auf eine höhere Abfindung. Mit der Aussicht auf ein Delisting werden viele Aktionäre schneller verkaufen, sind sich die Experten sicher.

    Pressemitteilung Bundesgerichtshof

    (12. November 2013)

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